Vladimir Nabokov

Vladimir Nabokov wurde am 23. April 1899 in St. Petersburg geboren. Auf den ersten Blick fragt man sich was der berühmte Schriftsteller bei den Autoren von Schachproblemen zu suchen hat. Die VN bei der Arbeit an Lushins VerteidigungAntwort ist einfach: er hat auch Schachprobleme komponiert. Er ist wahrscheinlich der bekannteste Verfasser von Schachaufgaben.
Wie viele Komponisten wurde der junge Vladimir von seinem Vater an das Schach und die Schachkomposition herangeführt. Nabokov übersetzte Anfang der zwanziger Jahre Lewis Carrolls "Alice in Wonderland" ins Russische. In seinem wechselvollen Leben verbrachte er unter anderem 15 Jahre in Berlin. 1927 veröffentlicht er in der russischen Emigrantenzeitung Rul ein längeres gereimtes Gedicht mit dem Titel Schachmatnyj  kon/ Der Springer in dem ein berühmter alter Schachspieler sich in seinen Fieberphantasien vor dem Sterben-der «schwarze König» ist an ihn herangetreten - als weißer Springer auf einem überdimensionierten Schachbrett umherziehen sieht.
In dieser Zeit schrieb er "Lushins Verteidigung" einen der bekanntesten Romane der Weltliteratur zu einem schachlichen Thema. In ihm zeichnet Nabokov das Porträt eines  Schachgroßmeisters, der in der begrenzten Welt der 64 Felder lebt, unendlich einsam und unfähig zum Leben in der Gesellschaft ist und ein tragisches Ende findet. Zur Beschreibung des Schachgenies und der Qualen des Schöpfertums eines Schachspielers findet der Autor originelle Metaphern, die deutlich machen, wie tief er in die Psychologie des Schachs eingedrungen war. Der folgende Satz zeigt beispielsweise, wie kräftezehrend die häusliche Vorbereitung eines Schachspielers sein kann. "Je kühner er in seiner Phantasie wurde, je klarer seine Konzeption bei der verborgen gehaltenen Arbeit zwischen den Turnieren erschien, desto schrecklicher empfand er seine Ohnmacht, und wenn der Kampf dann begann, spielte er nur noch ängstlicher und vorsichtiger".
Nabokov will zeigen, dass sein Held nicht einfach selbstvergessen Schach spielt, sondern dass das für ihn gleichsam eine heilige Handlung ist. Er lebt in einem Schachuniversum und betrachtet andere als Buchtitel von Lushins VerteidigungEindringlinge aus fremden Welten. "Das Geheimnis nach dem er strebte, war Einfachheit, harmonische Einfachheit, die mehr als die komplizierteste Materie in Erstaunen setzte", schreibt der Autor am Anfang des Romans, als ob er uns auf die Unausweichlichkeit des tragischen Finales hinweisen will. Denn das reale Leben, das Lushin umgibt, ist disharmonisch und eben nicht einfach. Der Tod des Helden ist kein Zufall. Lushin verteidigte sich nicht nur am Schachbrett, sondern auch vor dem Leben. er flüchtete vor allen sichtbaren und eingebildeten Hindernissen - vor den Eltern aus dem Gymnasium, vor der Ehefrau, vor dem Leben. Ungeachtet des traurigen Ausganges, der vorherbestimmt scheint, verläßt den Leser nicht das Gefühl der magischen Anziehungskraft des Schachs.

Quellen: Zum 100. Geburtstag von Vladimir Nabokov - Helmut Wietek  Rochade Europa 4/1999
Schach Das Lexikon - Isaak und Wladimir Linder

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